Die Woche der digitalen Souveränität
Hallo,
das Thema digitale Souveränität beschäftigt mich schon seit über 25 Jahren in meiner Arbeit. Mittlerweile kommt es auch in der Bundesregierung an. Besser spät als nie. Am Dienstag findet in Berlin der Europäische Digitalgipfel zur digitalen Souveränität statt, zu dem Merz und Macron gemeinsam einladen.
Aber worum geht es überhaupt? Das haben wir beim Zentrum für Digitalrechte und Demokratie in einer langen FAQ erklärt:

Meine Erwartungen sind eher niedrig. Meine Befürchtung ist, dass man bei dem Thema ziemlich blank ist und die Industrielobby-Buzzwörter Entbürokratisierung und Deregulierung aus dem Hut zieht und hofft, dass das Problem damit irgendwie gelöst wird. Datenschutz und KI-Schutzrechte abbauen sind leider der falsche Weg.
Was stattdessen getan werden müsste, zumindest in einer Kurzversion:
Wir müssen Big Tech regulieren. Und wir brauchen echte Alternativen.
1. Regulierung durchsetzen – statt abbremsen
Die EU hat gute Regeln geschaffen, doch sie werden viel zu zögerlich angewandt. Google, Meta, Amazon & Co werden noch immer geschont. Gleichzeitig verkauft uns die Bundesregierung Deregulierung als Fortschritt. Weniger Bürokratie klingt gut – bedeutet aber in der Praxis: weniger Datenschutz, schwächere KI-Regulierung, mehr Macht für Big Tech. Das ist der falsche Weg.
Wir brauchen starke Aufsichtsbehörden, politischen Mut – und keine Angst vor Trump, Autozöllen oder Lobbydruck.
2. Alternativen fördern – nicht nur ankündigen
Digitale Souveränität entsteht nicht durch Sonntagsreden. Sie braucht Infrastruktur, Standards und Finanzierung:
- Europäische Anbieter bei der öffentlichen Beschaffung bevorzugen, vor allem in sicherheitskritischen Bereichen
- Open Source als strategisches Prinzip, um Kontrolle zurückzugewinnen
- Förderung offener, gemeinwohlorientierter Plattformen wie dem Fediverse
- Europäische Geschäftsmodelle, die sich an Demokratie, Menschenrechten und Nachhaltigkeit orientieren – statt an Überwachung oder Werbeprofilen
Kann Trump uns das Internet abschalten?
Was das Thema mit dem US-Cloud Act zu tun hat und ob Trump uns das Internet abschalten kann, zeigen wir hier anschaulich in diesem kurzen Video. Das war ein Experiment und ich bin etwas stolz auf das Ergebnis. Uns ging es darum zu schauen, wie wir ein komplexes Thema für Menschen ohne Vorkenntnisse in kurzer Zeit erklärt bekommen. Wenn es Dir gefällt, teile es doch mit anderen. Damit wir mehr Menschen darüber aufklären und sensibilisieren können.
Und täglich grüsst das Murmeltier
Am Samstag fühlte ich mich wieder wie bei "Und täglich grüsst das Murmeltier". Seit 2006 beobachte ich die Digitalgipfel der Bundesregierung. Die Zivilgesellschaft wurde immer vergessen. In manchen Jahren gab es nicht mal Einladungen zum Besuch. Auf den Podien saßen in der Regel nur Industrievertreter.
In den vergangenen Jahren wurde das den Beteiligten etwas peinlich und es änderte sich etwas. Aber da war die CDU auch kurz nicht beteiligt. Jetzt also wieder Buiness as usual. Industrie auf allen Podien dabei, ein paar zivilgesellschaftliche Vertreter:innen dürfen im Zuschauerraum klatschen.

Wobei ich wiederum in einer privilegierten Situation bin, weil ich eine Einladung erhalten habe. Ich werde mir den Event und die Verkündungen genau anschauen und von dort kommentieren.
Was sonst noch passierte.
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Google schenkt Deutschland Rechenzentren im Wert von 5.5 Mrd Euro.
Und die Bundesregierung freut sich sehr und bedankt sich artig. Dabei könnte sie auch einfach dafür sorgen, dass Google Steuern zahlt, damit wir unsere eigenen Rechenzentrums-Infrastrukturen durch Steuergelder finanzieren können.
5.5 Milliarden Euro ist auch nicht die Summe, die bei uns ankommt. Denn ein Großteil davon wird für NVIDIA-Chips ausgegeben und das Geld wandert dann wieder direkt zurück in den USA. Bei uns steigt dafür das Risiko, dass unser Grundwasser schneller verschwindet und die Strompreise steigen.
Wenn Google bei uns seine Rechenzentren ausbaut, stärkt das die Marktmacht des Unternehmens, der Wettbewerb wird schwerer und wir werden noch abhängiger. Digitale Souveränität schreibt sich anders.
Das haben wir hier auch als Video erklärt.
Cybersicherheit ist die unsichtbare Schutzmauer der Demokratie
Cybersicherheit ist die unsichtbare Schutzmauer der Demokratie: Wenn sie funktioniert, nehmen wir sie kaum wahr. Wenn sie fehlt, wird es gefährlich. Ich war zu Gast im ZDF-Morgenmagazin, um über Cybersicherheit zu sprechen. Deutschland ist leider nicht gut aufgestellt.
Cybersicherheit ist nicht nur ein technisches Thema. Sie ist eine gesellschaftliche Verantwortung. Teile der Politik, allen voran die Innenministerien, wollen lieber Schwachstellen offen lassen und selbst nutzen, um damit Staatstrojaner zu trainieren.
Das Problem ist aber: Jede Schwachstelle, die offen bleibt, macht uns verwundbar. Hier wird im Namen der Sicherheit massive IT-Unsicherheit geschaffen. Wenn wir unsere Demokratie schützen wollen, brauchen wir eine Cybersicherheit, die unsere Freiheit verteidigt – nicht einschränkt.
„Digitale Souveränität und die Verantwortung der Medien“
Am kommenden Freitag halte ich bei einer Veranstaltung des Grimme Institutes in Berlin eine Keynote zum Thema Medien und digitale Souveränität. Vor mir wird unser Kulturstaatsminister Wolfram Weimer seine Gedanken zum Thema äußern. Und ich freu mich jetzt schon, direkt auf ihn antworten zu können.
Zur Vorbereitung war ich zu Gast im Läuft-Podcast vom Grimme Institut und epd Medien, um meine Gedanken dazu etwas ausführlicher zu formulieren. Dieser kann hier angehört werden, darunter gibt es eine Zusammenfassung in Schriftform:


Meine Arbeit wird aktuell über das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie finanziert. Mit einer Spende oder Dauerauftrag kannst Du mich dabei unterstützen, mein neues Team weiter aufzubauen und mehr Wirkung zu zeigen.
Das war es mit dieser Ausgabe. Ich freue mich immer über Feedback.
Ich bleib dabei: Eine bessere digitale Welt ist immer noch möglich.
Markus


