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Warum die Debatte über Social-Media-Verbote unter 16 zu kurz greift

Warum die Debatte über Social-Media-Verbote unter 16 zu kurz greift
Don´t fix the users - fix the platforms!

Australien führt heute ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige ein. Auch in Deutschland wird reflexartig darüber diskutiert. Und ja: Die Mechanismen von TikTok, Instagram, Snapchat oder YouTube sind schädlich — besonders für Kinder und Jugendliche.

Aber dieses Problem trifft nicht nur unter 16-Jährige. Es betrifft uns alle.

Social-Media-Plattformen sind nicht einfach harmlose Kommunikationskanäle. Sie sind aufmerksamkeitsoptimierte Geschäftsmodelle, die auf Sucht, Manipulation, Überwachung und personalisierter Einflussnahme beruhen.

Wenn wir sie für unter 16 verbieten, bleibt doch die Frage: Warum sollten dieselben manipulativen Mechanismen ab 16 plötzlich unbedenklich sein?

Lösungsansätze mit massiven Nebenwirkungen


Gleichzeitig führen pauschale Verbote schnell in eine Sackgasse.

Sie bringen riesige technische und gesellschaftliche Probleme mit sich:

• Altersverifikation bedeutet faktisch eine Ausweispflicht im Internet. Ausweis-Uploads, biometrische Gesichts-Scans, KI-Verhaltensanalysen — all diese Lösungen sind entweder hochriskant oder diskriminierend. Keine davon ist grundrechtskonform.

• Eine verpflichtende Identifizierung zerstört pseudonyme und anonyme Nutzung. Das wäre ein Risiko für für alle, die Schutz brauchen.

• Verbote werden leicht umgangen. VPNs, alternative Plattformen, neue Apps, „Dark Social“: Jugendliche weichen nicht ins analoge Nichts aus. Sie gehen dorthin, wo wir noch weniger Kontrolle, Regulierung und Transparenz haben.

Soziale Medien sind heute Lebenswelt, Lernort, Ausdrucksraum. Verbote nehmen jungen Menschen Teilhabe — und sie verhindern, dass Jugendliche früh lernen, wie man digitale Räume souverän, kritisch und sicher nutzt.

Und dann bleibt die eigentliche Frage:

Was genau sollte passieren, wenn Jugendliche unter 16 kein Social Media mehr nutzen dürfen? Sollen sie zurück zum linearen Fernsehen?

Was sollten wir stattdessen tun?


Wir müssen die Geschäftsmodelle regulieren – nicht die Nutzer:innen.

Tracking, algorithmische Manipulation, süchtig machende Designs, manipulative Nutzendenführung — das muss reguliert, begrenzt und sanktioniert werden. Nicht nur für Jugendliche. Für alle.

Wir müssen Alternativen stärken.

Jugendfreundliche Plattformen, gemeinwohlorientierte digitale Räume, Datenschutz-by-Design, sichere Interaktionsräume.

Wir brauchen Digitalbildung — für alle.

Kinder und Jugendliche lernen früher Mathe als grundlegende digitale Selbstverteidigung. Und wer denkt eigentlich an die Eltern und Großeltern? Das ist ein gesellschaftliches Versagen. Würden wir die Plattformen besteuern, wäre das auch einfacher zu finanzieren.

Wir müssen die Regeln, die es gibt, endlich durchsetzen.

DSA, DMA, DSGVO — vieles existiert längst, wird aber nicht angewendet.

Statt neue Verbote zu fordern, sollten wir erst einmal verlangen, dass Plattformen das tun, was sie schon heute müssten.

Don´t fix the users - fix the platforms!

Meine Arbeit wird aktuell über das Zentrum für Digitalrechte und Demokratie finanziert. Mit einer Spende oder Dauerauftrag kannst Du mich dabei unterstützen, mein neues Team weiter aufzubauen und mehr Wirkung zu zeigen.

Das war es mit dieser Ausgabe. Ich freue mich immer über Feedback.

Ich bleib dabei: Eine bessere digitale Welt ist immer noch möglich.

Markus